Sicherheit in der Unsicherheit finden? Das geht doch nicht! Doch, das geht…

Seit einem guten Jahr sind wir nun in einem seltsamen und ungewohnten Zustand. Unsicherheit. Gefahren. Veränderungen. Zukunftssorgen. Vorsicht. Zweifel. Wieder Veränderung. Hoffnung. Lockerungen. Ah, doch nicht! Wieder zurück. Anspannung. Druck. Dünnhäutigkeit. Erschöpfung. Wut. Traurigkeit. Vermissen von… All das sind Emotionen, die mich seit einem Jahr immer mal wieder begleiten. Geht es dir ähnlich? Vielleicht. Eher wahrscheinlich.

Nele Kreyßig über Sicherheit, Unsicherheit, Veränderung

Das, was Unsicherheit und Veränderung so schwierig macht, ist u.a., dass unser Gehirn noch keine Möglichkeit hatte, die neue Szene zu üben, in der wir uns befinden. Wir müssen uns also komplett neu orientieren. Alles muss neu bewertet und analysiert werden. Und das ist sehr anstrengend für unsere Wundermaschine im Kopf.

Persönlich (und das höre ich auch von vielen Menschen, mit denen ich arbeiten darf und aus meinem Familien- und Freundeskreis) merke ich, dass mein Gedankenkarussell in solchen Momenten gerne den Turbo einschaltet. Da werden die Gedanken etwas schneller, wilder, dichter und – leider leider – auch tendenziell negativer. Die Sorgen, Nöte, Zweifel und Anspannungen sind einfach präsenter, als das Glück mit seinen schönen Momenten (und diese Momente, die gibt es auch, keine Frage! Sie sind in Krisenzeiten nur oftmals nicht so präsent).

Und das ist es, was Krisen und Momente der Unsicherheit noch schwieriger für macht. Es ist gar nicht der Zustand als solcher. Es sind unsere Gedanken und die emotionale Bewertung der Situation.

Die gute Nachricht ist: Wir können über unsere Gedanken selbst entscheiden (was über die Umstände, in denen wir gerade leben ja nicht uneingeschränkt gilt)!

ICH denke meine Gedanken. Es denkt mich ja nicht. Niemand sonst ist dafür verantwortlich. ICH mache mir Sorgen. ICH habe vielleicht auch Angst. Auch ICH habe Hoffnung. Pläne. Das passiert alles in mir. Aber (und das ist für mich eine ganz relevante Unterscheidung) ich BIN das alles nicht. Das ist vielleicht etwas philosophisch, dieser Gedanke hilft mir aber immer wieder, nicht den Kopf zu verlieren.

Das Umfeld ist der Auslöser für unsere Gedanken.

Aber das, was ich daraus mache (aus dem Auslöser), darauf habe ich tatsächlich einen großen Einfluss und das ist toll! Und genau darin liegt der Schlüssel für einen gelassenen Umgang mit dem „Sturm“ da draußen.

Denn immer dann, wenn ich gedanklich in der Vergangenheit bin und über etwas grüble, was schon stattgefunden hat, dann kann mein System nicht wirklich unterscheiden, ob ich gerade wirklich in der Situation bin oder es nur denke. Es geht da auf Nummer sicher und bereitet biochemisch alles vor, was ich bräuchte, wenn ich tatsächlich in der Situation wäre, auch wenn ich gerade nur daran denke.

Denke ich also an das gestrige Meeting, indem ich eine Präsentation gehalten habe, und meine Kollegin Susanne so fragend schaute… Was in mir die Frage auslöste, ob ich mit meinem mir so wichtigem Thema gerade nicht gut ankomme… Was gestern dann ggf. zu Stress, Verunsicherung, schwitzigen Händen etc. führte…

Biochemisch geht die Post ab

Wenn ich über diesen Moment nachdenke und die Emotion von gestern in mir wieder hochkommt, dann denkt mein Körper, er SEI in der Situation und biochemisch geht so richtig die Post ab!

Das gleiche passiert, wenn ich gedanklich (das geht vielen gerade so) in der unsicheren Zukunft bin. Mir Sorgen mache, was wohl passieren wird, wenn das mit den Impfungen noch länger dauert. Wenn ich mich frage, wie wir das als Familie wohl wegstecken werden, sollten wir diesen Sommer wieder nicht verreisen können. Wenn die Schulen & Kitas wieder schließen sollten. Wenn ich auf das Konto schaue und es vergleiche, mit dem Kontostand im letzten Jahr und beginne zu rechnen, wie lange das Geld wohl noch reichen wird. Können wir die Raten unseres schönen Hauses wohl weiterzahlen? Wenn ich an meine To Do Liste für die kommende Woche denke und mich frage, wie ein einzelner Mensch das schaffen soll. In diesen Momenten passiert etwas ganz Ähnliches.

Unser System bekommt richtig Stress.

Es denkt, die Situation, die vielleicht/ hypothetisch eintreffen kann, die sei gerade real! Und biochemisch geht wieder die Post ab. Das kann im Extrem bis zu Schlaflosigkeit, Herzrasen, Panikattacken etc. führen. Glaube mir, ich kenne das Extrem.

Das gleiche gilt übrigens für positive Gedanken, allerdings wird es hier wesentlich angenehmer. Wir können mit Gedanken an Positives (toller Urlaub, leckeres Essen, schöne Momente) ganz gezielt dafür sorgen, dass unser Körper denkt, die Situation würde gerade stattfinden. Das ist natürlich genial und eine Übung, die wunderbar sein kann. Wenn du das immer mal wieder tust, dann empfehle ich: Weiter machen und genießen:-). Doch leider sind es eher die negativen Gedanken und Gefühle, die uns immer wieder in Schwierigkeiten und Stress versetzen, weniger die Guten. Und um die soll es hier gerade fokussiert gehen. Falls du das also kennst, dass du dich immer wieder in negativen Gedanken (über die Zukunft und/ oder Vergangenheit) verlierst, dann lies gerne weiter.

Der einzige Ort, an dem wir gerade wirklich sicher sind, ist der gegenwärtige Moment!

Wobei, da gibt es die ein oder andere Ausnahme. Z.B. wenn gerade ein wilder Löwe vor dir steht. Oder jemand hält eine geladene Waffe auf dich. Doch davon gehe ich gerade nicht aus (falls doch, dann bitte renn und höre auf zu lesen!).

Jetzt. In diesem Moment. Ist alles gut.

Du liest diesen Artikel. Das ist jetzt. Vielleicht lächelst du gerade. Das ist jetzt. Jetzt gerade bringt es gar nichts, an die To Do Liste zu denken (Multitasking ist übrigens ein fieses Gerücht!). Oder an den Kontostand. Oder das gestrige Meeting. Jetzt ist das Wort, das du gerade liest. Oder ein Geräusch, das du gerade hören kannst. Jetzt ist jetzt. Du kannst entscheiden, ob du den Moment jetzt gerade wahrnehmen magst, oder dich in die Gedankenwelt entführen lässt.

Unsicherheit: Du bist JETZT nicht real in Gefahr, oder?

Menschen, die tiefen Frieden und sich sehr kraftvoll fühlen, die sind oft mental im gegenwärtigen Moment. Sie machen sich weniger Sorgen. Schwelgen weniger in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Sie sind präsent. Das strahlen sie auch aus! Kennst du solche Menschen? Ich kenne einige wenige und habe sie so gerne um mich. Meist empfinden wir diese Menschen als besonders angenehm, weil sie so unaufgeregt, klar und präsent wirken. Sie sind da. Sie sind einfach wirklich im gegenwärtigen Moment. Sie sind mental anwesend. Wenn sie dir zuhören, dann hören sie dir wirklich zu. Wenn sie mit dir sprechen, dann sind sie bei dir und auch bei sich selbst. Und sie leben in der gleichen Welt wie du und ich. Und wenn sie wollten (!), dann könnten sie sich auch große Sorgen machen. Sie tun es aber sehr viel weniger.

Karussell

Und wie stoppe ich das verlockende Gedankenkarussell?

Und wenn du das jetzt liest, und dich fragst: „Wie soll ich es denn bitte schaffen, mein Gedankenkarussell zu stoppen? So oft ertappe ich mich im „noch eine Runde“ Moment… Dann mag ich zu allererst sagen: Damit bist du nicht allein! Wir alle kennen das, dass wir in Gedanken feststecken und erst nach Minuten feststellen, dass wir wieder drinnen sind. Im Karussell.

Forschungen haben ergeben, dass 93% unserer Gedanken Wiederholungen oder nutzlos sind.

Es ist also „normal“. Du bist normal. Und du kannst es üben, wirklich präsent, im gegenwärtigen Moment zu sein. Und genau dabei hilft dir ein Thema, was ich seit vielen Jahren erforsche, praktiziere und in Unternehmen und für die Gesellschaft zur Verfügung stelle: Mindfulness. Anmerkung: Ich nutze gerne das englische Wort für Achtsamkeit, das ist aber reine Geschmacksache. Magst du Achtsamkeit als Begriff lieber? Dann ersetze es gerne beim Lesen für dich.

Definition Mindfulness

Doch was ist eigentlich Mindfulness genau?

Und genau dieser Zustand, den diese Definition beschreibt, der ist übbar! Es geht einfach um das „urteilsfreie im Moment sein“.

Wie? Es gibt Mindfulness-Techniken, die ganz klein sein können und überall anwendbar sind (sog. Micropraktiken). Und es gibt große Übungen (Macropraktiken), die zwischen 10 und 30 Minuten dauern, die damit schon ein super effektives Training sind.

Ich schreibe bewusst von Training, denn immer dann, wenn wir Mindfulness üben, dann üben wir im gegenwärtigen Moment zu sein. Und das schult unser Gehirn insofern, als dass es dann auch auf fiese neu erworbene Fähigkeit (durch das Training) zurück greifen kann, wenn wir im Alltag sind. Wie bei einem Muskel, muss natürlich regelmäßig und langfristig trainiert werden, denn sonst verschwindet das „Sixpack“ im Kopf wieder.

Mindfulness schafft wirkliche Entspannung und Präsenz!

Lust auf eine kleine Technik zum direkten Ausprobieren? Eine kleine und ganz einfache Übung ist diese hier:

  1. Stelle einen Wecker auf 3 Minuten (Tipp: nutze einen schönen Weckerton, sonst wird es fies, wenn die 3 Minuten vorbei sind;-)).
  2. Schließe am besten für diese kleine Übung deine Augen, das macht es oft einfacher, da du weniger Reize wahrnimmst.
  3. Und konzentriere dich nun, nachdem du die Augen geschlossen hast, auf die Geräusche, die du um dich herum hören kannst. Mehr gibt es in diesen 3 Minuten gar nicht zu tun. Lenke den Fokus auf die Geräusche und höre zu. Sollten zwischendurch ablenkende Gedanken kommen (was sehr normal ist!), dann fokussiere dich ganz entspannt wieder zurück auf die Geräusche um dich.

Das Zukunftsinstitut / Matthias Horx bezeichnet Achtsamkeit als einen Megatrend!

Und auch ich bin der Meinung, dass Mindfulness eine der relevantesten Zukunftskompetenzen werden wird (oder es vielleicht schon ist, ganz leise und still).

Deine Nele

PS: Vergiss nicht. Jetzt, in diesem Moment, ist alles gut.

PPS: Falls du jetzt neugierig geworden bist, wir haben einiges für dich zu dem Thema, was dir beim Beschäftigen mit dem Thema helfen kann. Da ist für fast jede*n was dabei!

Herz & Hirn Podcastfolgen zum Thema Mindfulness (hörbar überall, wo du deine Podcasts hörst):

Besuche unseren Mindfulness Campus, powered by HRperformance Institut

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